Das neue Album vom US-amerikanischen Rapper Aminé hält genau das, was der Titel verspricht: Es klingt nach einer Sommerromanze, der es aber an emotionalem Tiefgang nicht fehlt. Ein Werk, das nicht nur Frühlingsgefühle weckt, sondern sie auch reflektiert und kritisch hinterfragt.
Stell‘ dir vor, du liegst irgendwo am Strand, ein Aperol Spritz in der einen und ein Pizzastück in der anderen Hand, oder du schlenderst mit einem Café Glacé durch das frühsommerliche Paris und spürst die Sonne auf deinem Gesicht. Genauso hört sich Aminés neues Album „13 Months of Sunshine“, released am 16. Mai, an. Wie in einem typischen (deutschen) Sommer gibt es auf dem Album helle, sonnige Momente und Tage mit Sonne und Wolken – aber nie richtig düstere. Und selbst der gelegentliche Sommerregen stört nicht, den mögen wir ja irgendwie alle. Man könnte die Stimmung des Albums auch beschreiben wie Aminé selbst im Song „Vacay“: „Somewhere sunny / Sweatin‘ with two spritz in my tummy“.
Das ganze Album lebt von sommerlichen, lebhaften Beats, die einerseits den Einfluss des Heimatlandes seiner Eltern, Äthiopien, erahnen lassen, und andererseits den Vibe einer Sommerromanze in Europa haben. In ausgewählten Songs lässt Aminé auch durchscheinen, wie das Immigrant:innen-Sein seiner Eltern ihn bis heute beeinflusst. Vor allem das Musikvideo zu der vorher veröffentlichten Single „Familiar“ sprüht nur so vor Energie und es wird deutlich, dass Aminé hier vom kulturellen Hintergrund seiner Eltern beeinflusst ist. Auch die eingestreuten Gespräche mit seinem Vater, in denen er über sein Leben als Immigrant in den USA und die kulturellen Unterschiede spricht, geben dem Album eine sehr persönliche Ebene.
Genau diese Ebene und der intime Storytelling-Stil des Albums, die nicht unbedingt von Sommerabenden oder Urlauben erzählen, berührt noch einmal mehr, denn die plötzliche Tiefe kommt unerwartet. Aminé entblößt sich, rappt über ungesunde Verhaltensmuster hinsichtlich seines Drogenkonsums und zwischenmenschlichen Beziehungen. Der Song „Feels So Good“ über eine wilde Partynacht, der bestimmte Substanzen verherrlicht und Frauen objektifiziert, dient als krasser Kontrast zum darauffolgenden musikalischen „Morgen Danach“. „Sage Time“, erzählt von dem Gefühl des Hangovers, das einen in die Realität zurückholt. Der Song ist schonungslos ehrlich und ordnet die ach-so-harmlose Partynacht des vorherigen Lieds noch einmal ein. „Blunt after blunt / cup after cup / temporary joy / do I mean to self-destroy?”, singt Aminé, was darauf schließen lässt, dass es nicht bei ein paar harmlosen Partynächten bleibt.
Noch persönlicher wird es in den Songs „13MOS“, „Doing The Best I Can“ oder „Be Easier On Yourself“, wobei der letztgenannte Song wie eine Botschaft an den jungen Aminé aufgebaut ist. Im Grunde ist es keine neue Idee, dass Künstler:innen in ihrer Musik Botschaften an ihr jüngeres Ich senden. Jedoch wirkt es sehr ehrlich und der Rapper trifft damit einen Nerv der Gen Z: Weltschmerz, der Druck, gesellschaftlichen Erwartungen zu entsprechen, Stereotype – und nicht zuletzt die hohen Ansprüche an sich selbst. Besonders den inneren Konflikt zwischen dem Wunsch, diesen Ansprüchen gerecht zu werden, und der eigenen mentalen Gesundheit fängt Aminé im Song „Be Easier On Yourself“ passend ein: „Standards I got for myself / Most folks’ll leave on the shelf / Stress myself with the impossible / When I know it ain’t possible“.
Aber: „No feeling’s final, babe, things will be fine“, singt ein Kinderchor in demselben Song im Hintergrund und genau mit diesem Gefühl sollten wir in den bevorstehenden Sommer starten und daran festhalten, wenn etwas mal nicht so funktioniert, wie in unserer Vorstellung.
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