Ein Hauch von Sommer: Die Brasilianerin verbindet die Populärmusik ihres Heimatlandes mit Disco und Funk.
Von Beginn an ist man zum Tanzen verleitet. Die Perkussion schreitet und stolpert voran, der Bass spielt den Ansatz eines Grooves. Ana Faria Fainguelernt entfaltet mit „Electric Fish“, dem Eröffnungsstück ihres dritten Albums, einen unwiderstehlichen Sog an musikalischer Energie. Die kratzige Stimme der Brasilianerin wirkt verspielt und verführerisch. Sie singt einen Refrain, der so hell glitzert, dass man sich die Sängerin gerne unter dem Licht einer Disco-Kugel vorstellt. Und wenn dann eine Posaune zu einer unendlich tanzbaren Melodie ansetzt, die zu aller Ekstase von zwei Hintergrundsänger:innen imitiert wird, ist es schier undenkbar, sich der Wirkung dieses Songs noch zu entziehen.
Fainguelernt ist eine der Stimmen, die seit ein paar Jahren die brasilianische Populärmusik (MPB) der 1960er und -70er neu aufblühen lassen. Unter dem Eigennamen Ana Frango Elétrico hat es die 25-Jährige in ihrem Heimatland zu großer Anerkennung gebracht. Doch ihr Stil ist auch für eine westliche Hörerschaft nicht unzugänglich: „Me Chama De Gata Que Eu Sou Sua“ verbindet den tanzbaren Puls des Disco mit den organischen Grooves des Funk und der eleganten Zärtlichkeit von US-amerikanischen Jazz-Standards. Getragen wird diese bunte Mischung von einer Vielfalt an Instrumenten, wie für die MPB typisch. Denn in dieser Spielrichtung verschmilzt die Samba-Tradition des Landes mit Einflüssen aus den USA.
Leichtigkeit und Spielfreude
Unabhängig davon, ob ein Stück eher extrovertiert oder in sich gekehrt klingt: Die Kombination von Sounds auf diesem Album strahlt eine einladende Wärme aus. Die Melodie von „Coisa Maluca“ klingt in ihrer kindlichen Unschuld völlig unbekümmert. Währenddessen treiben auf „Dr. Sabe Tudo“ summender Bass und filmische 80er-Synthies den Groove selbstbewusst voran. Auf „Dela“ flankiert ein beschwingtes Saxofon-Riff den Vortrag von Gastrapper JOCA und Fainguelernts eigene sanfte Stimme.
Die Chemie zwischen Fainguelernt und ihren Kollaborateur:innen auf diesem Album ist beachtlich. Das Wechselspiel der Stimmen klingt einstudiert und spontan zugleich. Auch auf die Instrumente weiß Fainguelernt zu antworten, die Wirkung ihres Klangs mit Leidenschaft und Leichtigkeit zu vertiefen.
Mit nur 31 Minuten hat „Me Chama De Gata Que Eu Sou Sua“ eine leicht verdauliche Länge. Vereinzelte Momente enden zwar ein wenig unverhofft: Besonders im Mittelteil des Albums schafft es Ana Frango Elétrico nicht immer, ihren vielfältigen Inspirationen eine eigene Handschrift zu verleihen. Doch schon heute verbindet die Brasilianerin Disco, Funk und Samba mit viel Geschmack und Vision – und bringt mit ihrer Spielfreude einen Funken Sommer in die deutschen Wintermonate.
Bild: Fernanda Massoti
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