“Tall and tan and young and lovely
The girl from Ipanema goes walking
And when she passes
Each one she passes goes, „Ah“”
– The Girl from Ipanema, 1963 –
Leicht flüsternd, irgendwie abwesend, mit einer Stimme zwischen Trance und purer Verführung haucht Astrud Gilberto die englische Version von „Garota de Ipanema” in das Studiomikrofon und säuselt damit den sommerlich frischen Wind des Bossa-Nova aus Rio de Janeiro in die Ohren der ganzen Welt.
Fast hätte die Sängerin das Girl im Song sein können, das mit seiner schüchternen Eleganz und Schönheit, so zart, jung und unantastbar, am Strand von Ipanema bei Rio de Janeiro flaniert. Unweit von den leuchtend blauen Wellen des Atlantiks entstand in der Beco das Garrafas, einer kleinen Gasse an der Copacabana, der Bossa-Nova. Verträumter Cool Jazz mit den feurigen Rhythmen des Sambas, mit dieser Kombination brachten der Gitarrist João Gilberto und der Pianist Antônio Carlos Jobim Anfang der 1960er der brasilianischen Jugend ein neues Gefühl der Freiheit und Sorglosigkeit. Und doch war es die unerfahrene Astrud Gilberto, die damalige Ehefrau des Innovateurs João Gilberto, die bei einer Aufnahme im kalten New York im März 1963 eher zufällig mit einem Gesangspart zur internationalen Stimme des Bossa-Nova werden sollte.
Aufstieg zur „Queen of Bossa-Nova“
Und damit stieg die Frau mit der leisen Stimme, die 1940 in Salvador da Bahia geboren wurde, schnell auf. Nachdem sie für die Single „The Girl from Ipanema” als erste Brasilianerin einen Grammy-Award bekam, folgte schnell der Plattenvertrag beim Jazz-Label Verve und mit “The Astrud Gilberto Album” das erste überzeugende Solo-Werk. Neben Jazzstandards und zeitgenössischen Pop-Songs für das westliche Publikum brachte Gilberto auch ihre Interpretationen von Sambas und Bossas auf die Platten. Ob das rudimentäre „Bim Bom”, sommerliche Sambas wie „Canoeiro” oder Kompositionen direkt aus dem Herzen Rios, wie „Água de Beber”, sie tat dies mit einer anmutenden Eleganz, die vom ersten Ton an verzauberte.
Zusammenarbeit mit Größen
Über die Jahre wurde sie dabei von den facettenreichen Instrumentalisten der amerikanischen Jazz-Szene begleitet, die ihrem Klang ganz unterschiedliche Charakteristika verliehen. Zu Anfang noch – und zur Kreation einer ihrer besten, sanftesten Kombinationen – mit dem Saxophonisten Stan Getz, der sie auch entdeckt hatte. Quicklebendig wurde es mit dem Organisten Walter Wanderley, der auf dem Album „A Certain Smile, A Certain Sadness” seine fröhliche Spielkultur mit Gilbertos dezent melancholischem Gesang vereinte. Zu Anfang der 1970er Jahre, war es das sinnierende Saxophonspiel Stanley Turrentines, das Gilberto nach Alben voller jugendlicher Frische auch sehr ruhig und tiefsinnig in ihren Songs erscheinen ließ. Nach einigen weiteren Alben, war es George Michael, der mit ihr eine – mehr oder weniger gelungene – Pop-Version des Jazzstandards „Desafinado” in den 1990ern einsang.
Stilistische Vielfalt
Astrud Gilberto sang auf Portugiesisch, Spanisch und Englisch. Vereinzelt auch Französisch. So klingt „Love is Stronger Far Than We” nach wunderschön verträumtem Chanson, den Brigitte Bardot oder France Gall nicht besser hätten einsingen können. Vielleicht war es eben diese stilistische Vielseitigkeit von Chanson über die Interpretation von englischen Rocksongs – besonders ihre Version von The Doors’ „Light My Fire” ist hervorzuheben – und klassischen Bossa- sowie Samba-Stücken, die Gilberto in Brasilien selbst paradoxerweise schnell in Vergessenheit geraten ließ.
Doch, nichtsdestotrotz, bleibt sie die unantastbar elegante „Queen of Bossa Nova”, die uns zeitlos schöne Musik voller Wärme hinterlassen hat. „That swings so cool and sways so gently”, wie die Girls am Strand von Ipanema.
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