Loyle Carner flowt, Bruce Springsteen bringt unveröffentlichte Tracks heraus und Lorde hat ein sehr intimes viertes Album am Start. Doch es gibt noch so viel mehr Musik da draußen, die unbedingt auf euren Radar gehört. Hier sind ein paar spannende Tipps aus der Redaktion, in die ihr mal hineinhören solltet.
Drangsal probiert sich auf seinem neuen Solo-Album aus und mit McKinley Dixon zeigt eine starke Rap-Stimme den Alltag des Schwarzen Amerikas auf. Gedankenversunkener Post-Rock von Mouving Mountains aus New York, eine mögliche KI-Band, die gut klingt, aber viele Fragen aufwirft, und – wieder ganz menschlich – ein Bossa-Nova-Duett aus Kanada und Portugal.
Drangsal – Aus keiner meiner Brücken die in Asche liegen ist je ein Phönix emporgestiegen
Alleine ist halt doch nicht so schön wie in der Gruppe! Das dachte sich wohl auch Max Gruber, der sein Musikprojekt Drangsal nun in eine Band verwandelt hat. Zwei weitere Musiker hat er nun an seiner Seite – und gemeinsam mit ihnen gelingt das wohl vielseitigste Album in Drangsals Diskografie. Von dahinfegendem Akustik-Rock („Die Bestie mit dem brennenden Schweif“) über munteren Jazz-Pop („Wheelgreaser“) bis zu mehrphasigen Rock-Experimenten („Nation of Resignation“) ist hier alles geboten – ohne dass die Band den roten Faden verliert. Zwar hätte dieses fast einstündige Projekt ein paar Minütchen kürzer ausfallen dürfen. Aber so schön und frisch wie auf diesem Album klingt Melancholie im deutschen Pop nur selten.
McKinley Dixon – Magic Alive!
Drei Jugendliche müssen den Tod ihres besten Freundes verkraften. Doch in ihrer Trauer versuchen sie, ihn wieder zum Leben zu erwecken oder sich in irgendeiner Form wieder mit ihm zu vereinen. Auf ihrer spirituellen Reise begegnen sie der Magie in ihren unscheinbarsten Formen, in der Familie und ihrem Alltag im Schwarzen Amerika. Das ist das Konzept von McKinley Dixons drittem Album „Magic Alive!“. Es ist ein lebensbejahendes Album, das nicht nur vor erzählerischer Kraft strotzt, sondern auch hervorragend klingt. Der junge Rapper aus Maryland beeindruckt mit virtuosen Flows und dichten Reimschemen. Begleitet wird er, für den Hip-Hop untypisch, von einer Live-Jazz-Band. Die ausschweifenden Bläser, das sprudelnde Schlagzeug, die Gospel-Chöre verleihen diesem Album so viel Unmittelbarkeit, so viel Farbe und Charakter, dass man sich dieser Magie nur schwer entziehen kann.
Moving Mountains – Pruning over the Lower Limbs
Auf dem neuen Album der Band aus New York entwickelt sich der Sound weiter zu einer eindrucksvollen Mischung aus Indie-Rock und atmosphärischen Post-Rock, der Züge des Ambients aufweist. So entfaltet der eröffnende Track “Ghosts” mit schwebender Weite, Klavier und erdigen Drums eine verletzliche und zugleich ehrliche Stimmung. Die Songs thematisieren Reue, Reife und das stille Akzeptieren von inneren Wunden, getragen von Texten, die tief eindringen, und gefühlvollem Gesang. Besonders hervor sticht dabei das akustisch reduzierte “Blue”. Der Song wirkt wie ein Selbstgespräch unter den Sternen, das sich zunehmend in existentieller Tiefe verliert. Dies macht das Album zu einem sehr persönlichen Werk mit emotionalen Nachhall, das beim Hören in Gedanken versinken lässt.
The Velvet Sundown – Dust and Silence
Was sich von Namen her anhört wie ein billiger Coverband-Abklatsch von The Velvet Underground wird seit einiger Zeit in der Musikwelt sehr heiß diskutiert. Denn hinter der Band, die innerhalb eines Jahres schon ihr drittes Album herausbringt und mit einem Revival des klassischen 70er-Rockcharme mit ihren Streamingzahlen nach oben schießt, wird die KI vermutet. Im Stil von Steely Dan oder Fleetwood Mac, mit Retro-Synthies und proggigen Gitarren geht die Musik leicht hinein ins Ohr, doch das Misstrauen wächst. Es wirkt in der Beschreibung und den Bildern alles zu perfekt kaschiert und angestrichen. Dazu kommt in der Diskussion die Frage nach der Ethik in der Musikindustrie auf.
Patrick Watson & MARO – The Wandering
Bringt bei diesen Temperaturen ein bisschen Bossa-Nova gute Abkühlung? Schwebend orchestriert und atmosphärisch klingt das auf dem Duett Patrick Watson und MARO. Der sommerliche Wind weht mit dem leichten Tenor aus Kanada und wird von der markanten Stimme der portugiesischen Sängerin, die 2022 für ihr Land beim Eurovision Songcontest antrat, umschlungen. Im Song selber geht es darum als stiller Beobachter auf der Welt unterwegs zu sein. Einer, der sich nicht immer gleich einmischt, sondern erstmal seine Schlüsse zieht. Das ist für Patrick Watson eine Art ständiger Begleiter geworden.
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