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Billy Raffoul – Never Be Without Love

7. Januar 20256 Min. gelesen

Unverkennbar sind seine hohe, kratzige Stimme, seine Akustikgitarre, seine romantischen Texte. Eine Review der neuen EP von Billy Raffoul.

Zum ersten Mal stolperte ich schon vor sieben Jahren über den kanadischen Singer-Songwriter. Ich entdeckte Lieder wie „Could You Be Mine?“ oder „Acoustic“ und verliebte mich für eine Sekunde in die Musik. Umso gespannter war ich, als seine Neuerscheinung „Never Be Without Love“ in meinem Release-Radar (danke, Spotify, und das sage ich nicht leichtfertig) sah.

Die Anfang des Jahres erschienene EP startet, meiner Meinung nach, recht schwach. Es klingt generisch, seine Stimme hat nicht die typische Tiefe und dringt von den Ohren nicht bis ins Herz. Der Text ist süß, die Akustikgitarre eine schöne Begleitung. Das kann er ja. „How does it feel? / To be finally be smiling for real / To learn that these scars they do heal“. Überzeugen tut das Lied mich nicht.

Umso besser finde ich den nächsten Song, den ich mir neugierig anhöre: „How About A Drink?“ Ich sitze im Bus auf dem Weg zur Arbeit, ich muss grinsen. Das ist Billy Raffoul, wie ich mich an ihn erinnere. Langsame Gitarrenklänge, eine etwas verzweifelte Stimme gemischt mit Melancholie und Sehnsucht. Rauchig singt er darüber, wie er die Liebe als kompliziert und unnahbar suchte, „But sometimes it is simple as / How about a drink? / Would that be alright?“. Im Lied reicht es auch, er trifft auch sie, ein Drink wird zu einer Nacht, wird zu einem Leben. Ein Aufruf an alle, die manchmal den Mut nicht aufbringen können, auf das Gegenüber zuzugehen – und sich zu fragen trauen.

Hier scheint Soul durch. Zwischen Indie und sanftem Rock ist „Homebody“ ein Genuss zum Zuhören. Die Backgroundsänger:innen und erneut die melodische, emotionale Gitarrenbegleitung, fühlen sich beinahe an wie Frühling an einem so eisigkalten Morgen wie diesem. Der Song sprüht Wärme aus. Ich muss dennoch zugeben: Weltverändernd ist er nicht. Er passt perfekt in meine Nische, vielleicht gefällt er mir auch eben deshalb so gut. Er klingt wie der Billy Raffoul aus 2018. Weiterempfehlen werde ich trotzdem.

Wer diese EP einmal in der richtigen Reihenfolge durchhört, merkt sicherlich schnell: Die meisten Songs, wenn nicht alle, fangen ähnlich an. Zum Glück schafft es Raffoul, durch verschiedenste Elemente Varietät einzubringen. In „Better“ werden kurzerhand Schlagzeugtöne laut, unterstreichen und begleiten die sich durchziehende Akustikgitarre – oder übertönen sie bereits? Das macht Spaß. „I just wanna let you take control / Don’t you dim your light to make me comfortable / I wanna be the one to undo everything they’ve done“. Lustig ist der Text im Gegensatz dazu nicht, Raffoul singt, wie sein Gegenüber zuvor verletzt wurde, wie er die Person besser lieben möchte, sie zum Lächeln bringen möchte, die gebrochenen Teile wieder zusammenfügen möchte. „I wanna love you better“. Romantisch.

Die Rock-Elemente, die Billy Raffoul meist stolz prägen, haben sich in den vergangenen Songs eher versteckt gehalten. Im vorletzten Song der EP, „Bliss“, scheinen sie – endlich? – hervor. Sanft klingt seine Gitarre nun nicht mehr, sondern etwas aggressiver, er singt schneller, klarer, lauter. Im Refrain schreit er beinahe ruhig: „I wish I was a young dumb kid again / Gimme a hit of ignorance / And another love song, gimme something / I don’t wanna wake up feeling nothin'“. Ich muss zugeben: Das ist der erste Song der EP, den ich aktiv hören werde, im Auto das nächste Mal aufdrehen werde. Im nächsten Refrain singt Raffoul verdeckt, zurückgehalten, bis er daraus wieder herausbricht. All die diversen Elemente, die in den Songs zuvor leicht gefehlt hatten, hat er scheinbar alle in „Bliss“ verarbeitet. Beschweren kann man sich nicht.

Als letzte Überraschung hat Raffoul für seinen letzten Song der EP Amistat als Feature herangezogen. Die australischen Zwillinge sind im Hintergrund zu hören, doch sie verändern das Lied durch ihre Stimmen maßgeblich. Indie-typisch haben die drei den Abschlusssong perfektioniert. Zwischen sanft und rauchig wechselt Raffoul sich selbst ab – und rundet seine EP somit würdig ab. Eine EP oder ein Album einmal vollständig anzuhören ist nicht nur ein wichtiges Hörerlebnis, es lohnt sich bei Billy Raffoul auch jedes einzelne Mal. Ich sage somit: Viel Vergnügen beim Durchhören!

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Annika Block - Redaktion

Zwischen Alltagsstress und Unidruck so oft es geht auf Indie-Konzerten, in der Sonne mit einem Buch in der Hand oder am Abgehen zu „You Can Call Me Al“ zu finden. Täglich am neue Musik entdecken – und am besten direkt darüber schreiben.

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Auch ein guter Beitrag!
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