Ausgefallene Kostüme, viel Glitzer und pompöses Make-Up. Fast könnte man meinen, die Band BLOND sei ein Indie-Pop-Revival des Glam-Rocks, der Anfang der 1970er mit David Bowie, T. Rex oder The Sweet florierte. Doch haben die Chemnitzer ihren ganz eigenen Musikstil entwickelt, der einem Drahtseilakt zwischen aneckend feiner Sozialkritik und energischem, feucht fröhlichem New Wave und Synth-Pop gleicht.
Den Finger in die eiternden Wunden der Gesellschaft legen, dies haben die Kindheitsfreunde Nina Kummer (Gesang, Gitarre), Lotta Kummer (Schlagzeug) und Johann Bonitz (Bass) schon auf ihrem ersten Album „Martini Sprite” in Perfektion praktiziert. Nun werden ungefragte Dick-Pics und perverse Maskulinität an den Pranger gestellt, die Frauenquote in den Line-Ups der großen Festivals gebrandmarkt oder aber der Therapeut zum Mann fürs Leben gepriesen.
Mit viel Witz und bitterböser Ironie geht es zu, wie auf „Du und Ich”. So wird hier die ewige Ehe mit dem fremden Typen, der im Club den Arsch angrabscht, heraufbeschworen. Mehrdeutig und gekonnt verbinden Blond in ihren Texten popkulturelle Phänomene und schlichte Alltagsbeobachtungen. In „Mein Boy” erklingt der Ohrwurm-Refrain „Ich hab endlich meinen Therapeut/mein Boy” oder in „Sims3” sind es die Selbstzweifel, die mit nerdigen Feinsinn in Zeilen wie „Nicht mal mein Sim hat sein Leben im Griff” zum Ausdruck kommen.
Gleichzeitig schafft es die Band, sensible Themen wie Depressionen, ernst und schonungslos fern von jedem Sarkasmus anzufassen. In der sanften Ballade „Immer lustig” wird die Einsamkeit verhandelt. Dieser Song geht tiefer, grenzt sich leise und einfühlsam vom lauten, freundlichen Charakter des Klangs ab und zeigt die musikalische Weiterentwicklung von BLOND.
Neben vielen ansteckenden Gitarren und mitreißenden Drums sind auf „Männer” mit der queeren Rapperin addeN oder „oberkörperfrei” sogar HipHop-Sounds und Rap-Parts zu hören. Auf letzterem Song zerlegen die drei Freunde im Video eine Fleischerei und es geht über den maßlosen Fleischkonsum. Ein Thema, das BLOND mittlerweile genauso leidig zu diskutieren ist, wie dass sie “nur” die kleine Schwesterband – wortwörtlich – des ach so bedeutenden Bruders Kraftklubs seien. Und so sind BLOND keine Kopie von irgendwelchen männlichen Vorbildern, sie sind ein Original, das für sich glamourös heraussticht.
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