Mit ihrer ersten EP entführt die Wiener Dream-Pop Band Bordun in psychedelische Traumwelten und überzeugt mit düsteren Klanglandschaften.
Innerhalb von Sekunden eine völlig neue Perspektive auf den Tag und das Geschehen bekommen. Ein kleiner Vitamin-Shot für unsere Fantasie fernab vom Alltagsstress hinein in andere Welten, das ist die Magie der Musik. Genau das gelingt der Dream-Pop-Band Bordun mit den ersten schwungvoll düsteren Takten auf ihrer EP „Menschenfresser”. Zwischen peitschenden Gitarren und treibenden Drums schlängelt sich eine sanfte Stimme hindurch mit einem Text, der das feine Spiel der Gedanken ankurbelt.
Wir rennen
Und wir suchen unsere Namen
Wir haben sie vergessen
Und wir können sie nicht erraten
Bordun – Menschenfresser
Die Wiener Band entführt in diesem titelgebenden Song in psychedelisch-dancy Traumwelten. Im Gespräch beschreibt Linda Fress, Sängerin und Pianistin, den Song so:
„Für mich stand so der Gedanke im Vordergrund, dass wir alle eine Gesellschaft sind und das alle Menschen in gewisser Weise miteinander in Verbindung stehen. Also wir ,fressen‘ sozusagen täglich andere Menschen in dem Sinne, dass wir uns von unserer Umgebung und den ganzen Eindrücken ernähren und davon ernährt werden.“
Viele Möglichkeiten der Deutung
Beim Schreiben zieht die Songwriterin von Bordun immer die offene Form vor. Die Texte sollen Interpretationsspielräume lassen und nicht zu stark überschrieben sein mit Deutungen. So klingt dies bei Straße brennt“ sehr kunstvoll, rau und feinfühlig zugleich. In Kombination mit einem leicht aggressiven, ,Zähne knirschenden’ Unterton im Gesang wirkt der zweite Song der EP an mancher Stelle fast anklagend. Düster, schwer und forciert mit einem dominanten Bass und Drums wird dies instrumental von den Brüdern Çetin und Egemen Demirtaş passend untermalt. Zusammen macht das Trio seit 2021 Musik, nahm anschließend – noch während Corona – ihre ersten Songs auf und ist nun seit April in die Welt der Live-Konzerte eingestiegen.
Mitten hinein ins Nachtleben und „Verschnaufen“
In Wien spielt in Hinsicht der Live-Musik der „Gürtel” für Linda eine wichtige Rolle. So ist diese Einbahnstraße mit einer Bar neben der anderen unter den Schienen der Stadtbahn der zentrale Drehort im Musikvideo für „Straße brennt”. Und mit diesen Bewegtbildern einer exzessiven Feiernacht in der dunklen, schrillen Welt der Clubs und Kneipen rückt der Song in ein ganz anderes Licht.
Entspannt, wie eine „Verschnaufpause”, so Lindas Beschreibung, ist der Sound dagegen von „Gelber Baum”. Aber auch viel eindeutiger. „Dieses Liebeslied habe ich mit meinem Partner Çetin geschrieben. Es beschreibt die sogenannten Insider innerhalb einer Beziehung. Also Handlungen, Gefühle, Wörter, die keiner außerhalb dieser Beziehung versteht.” Intim und verwunschen zugleich, ein Song wie ein entspannter Morgen mit leichtem Kater von „Straße brennt”.
Rund um die menschliche Existenz
Nach einem schweifenden Intermezzo ruft die kristallklare Lavta, ein traditionelles Saiteninstrument der türkischen Volksmusik, schon wieder zu den Schlussakkorden der EP auf. Fast flüsternd vorgetragen, breitet der Text existenzialistische Ängste aus. Inspiriert ist Linda da von Albert Camus oder Thomas Bernhard, die in ihren Werken oft das Sein, den Tod und das Leben in Machtverhältnissen aushandeln. Dieser Geist ist hier klar herauszuhören, während sich der Song langsam monumental aufbaut, schneller wird und die große musikalische Reife dieser Band bereits auf ihrer ersten EP offenlegt.
Bordun regt auf seine ganz eigene künstlerische, düstere Art und Weise zum Nachdenken an und blickt mit einem breiten Spektrum an Sounds, das in seiner Vielfalt gut ausgearbeitet und abgestimmt klingt, in die Tiefen der menschlichen Seele.
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