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Come on! Immer das Selbe?

1. August 20247 Min. gelesen

Immer den gleichen Sound spielen oder neue Wege gehen und Innovationen setzen? Ein paar Überlegungen zu einer schwierigen Frage.

Ein Kommentar von Balthasar Zehetmair

Vor ein paar Wochen war es endlich soweit, das neue Album von Cigarettes After Sex war da. Große Vorfreude! Gleich hörte ich rein…und war enttäuscht. Ja klar, schon gut produziert, flüssig zu hören, die hallenden Gitarren und ein ordentlicher Schwung Melancholie. Einfach perfekt, um Nachts schlaflos durch die einsame Stadt zu wandeln und in schweren Gedanken zu versinken. Ist ja alles schön und gut, aber irgendwie war ich halt auch gelangweilt. Wieder der gleiche Sound, dieser sphärische Indie-Rock-Vibe wie die zwei Alben davor. Alles bisschen dark und instagramable zugleich. Da stellte ich mir eine Frage: Musst du dich als Band oder Musiker:in weiterentwickeln oder kannst du mit dem gleichen Konzept und Sound langfristig relevant bleiben? 

Ich bin ein Fan dieser Musik und will nicht sagen, dass das Album grundlegend schlecht ist. Es ist ein eigener, wiedererkennbarer Stil. Aber es wiederholt sich. Es wirkt ein bisschen lustlos und nach 5 Jahren hätte ich da ehrlich gesagt mehr Innovation erwartet. Doch wieder erklingt das Alt-Bewährte und zieht wahrscheinlich immer noch. Das kann sie halt, die Band aus Texas. Ähnlich wie Cigarettes after Sex gibt’s in der Musikgeschichte noch mehr bekannte Beispiele dieser Couleur. AC/DC spielten immer Hard Rock, Iron Maiden immer Heavy Metal, The Rolling Stones waren fast immer dem Blues Rock verbunden. Natürlich hier und da gab es mal ein bisschen Varianz und Experimente, aber im Kern blieb der Sound gleich. 

Gleichklang ist nicht automatisch schlecht

Dies muss nicht schlecht sein, zumal die drei bekannten Beispiele mit ihrem „Gleichklang“ jeweils einen ganz eigenen Sound prägten und maßgeblich über Jahre, Jahrzehnte hinweg beeinflussten. Ihr Name ist ab einem gewissen Punkt untrennbar damit verbunden und wird von den Labels, den Fans automatisch erwartet. Besonders heute wird da schnell ein Image um eine:n Musiker:in oder Band aufgebaut, das dann weitergetragen werden muss. Dies steigert einen Erwartungsdruck, der sicher sehr zermürbend für jegliche künstlerische Innovation sein kann. Dazu kommt sicher auch ein Zeitdruck. Zwischen Promotermin und Konzertshooting mal eben in ein paar Studiotagen sich neu erfinden, mach das mal. Lassen diese Mechanismen der Musikindustrie von Grund auf wenig Innovation zu? 

Im Gegensatz dazu gibt’s natürlich genug Bands und Musiker:innen, die sich immer wieder neu erfanden. Bob Dylan, Lou Reed, Björk, Radiohead oder auch Queen. (Natürlich gibt’s auch so Bands wie Fleetwood Mac, wo sich die Musik der Band nur durch wandelnde Besetzungen stark veränderte.) Klar ist es da so, dass jetzt Dylans religiöse Alben Anfang der 80er Jahre oder auch Reeds Kooperationsalbum mit Metallica nicht ewig oder glorreich in Erinnerung bleiben werden. Aber beide sind weiter relevant geblieben und brachten neue Seiten und Facetten in ihre Diskographie ein. Vielleicht wird hier sogar die Innovation mehr als der Gleichklang erwartet? 

Immer das selbe spielen und hören – wird das nicht langweilig?

So rein pragmatisch aus der Sicht der Musiker:innen und Bands gesehen, ist es doch sicher auch langweilig, immer nur das Gleiche ein bisschen anders zu spielen. Da ist es doch fast schon gut und erfrischend, sich immer wieder neu zu erfinden und auszuprobieren. Dadurch macht man sich nicht so berechenbar und das ganze musikalische Potenzial – soweit vorhanden – kann sich mehr entfalten. Ich bin der Meinung, dass solche Musiker:innen und Bands langfristig über ihre treuen Fans hinaus eine größere Strahlkraft haben. 

Mehr für die Musik und zur Weiterentwicklung dieses großen, universellen Komplexes bewirken. Also nicht nur für ihre Fans spielen und gewisse Erwartungen erfüllen, sondern durch ihre neuen Impulse, manchmal hinein in unbekannte Klangwelten, wesentlich mehr beeinflussen und in Gang setzen. Es geht hier nicht immer nur um Relevanz, Geld oder sich den Erwartungen von Fans und Musikindustrie zu untergeben. Und dieser Gedanke bezieht sich nicht nur auf diese prominenten Beispiele, sondern auch jede kleine, neue Band oder Musiker:in die sich ausprobiert und nicht nur dem aktuellen Mainstream folgt, ist da schon ein Gewinn. Wie weit und groß diese Innovation geht, ist eine Auslegungssache, die von vielen Faktoren abhängig ist und sich von Musiker zu Musikerin oder Band unterschiedlich gestaltet. Aber allein der Gedanke, der Wille dazu sind wichtig. 

Innovation strahlt und setzt sich fest

Sicher sind die großen Kolosse, wie Cigarettes after Sex (eine Millarde Streams auf “Apocalypse” mal als spontaner Maßstab dafür) durchaus einer ist, in ihrer künstlerischen Freiheit schon unbeweglicher. Ich höre schon anspruchsvoll und trete so an Musik heran, aber es ist sicher nicht nur in der Musik so, dass das Gewohnte eine gewisse beruhigende Wirkung hat. Also das auf gewisse Sachen, so auch beim Sound der Texanischen Band, einfach Verlass ist. Man weiß was einen erwartet und das gibt ein gutes Gefühl. Aber letztendlich sind es doch eher die Alben, wo wir erstmal völlig überrumpelt sind von einem neuen Sound, der so nie zuvor da war, die langfristig strahlen. 

Denn, eine provokante Frage zum Abschluss, wären die Beatles heute noch so glorreich verehrt, wenn sie nur Rock’n’Roll und irgendwelche Schnulznummern wie “Yesterday” gespielt hätten? 

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Balthasar Zehetmair - Redaktion

Sucht den Sinn des Lebens in Bob Dylan Songtexten und findet ihn bei den Wildecker Herzbuben. Meistens in Schallplattenläden und immer mit Kopfhörern auf den Ohren zu sehen.

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