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Beirut – Hadsel

21. November 20236 Min. gelesen

Mit ihrem bereits siebten Album bringen Beirut Blasinstrumente wieder in Mode und verzaubern ihre Zuhörer:innen dabei mit Anekdoten und Gedanken aus dem Norden Norwegens.

Imposant startet das Album. Ist es ein Hochzeitsmarsch oder eine Kampfszene in Slow-Motion? Blasinstrumente leiten den Weg und eröffnen Beiruts neue Veröffentlichung „Hadsel“. Mit wenigen Worten schafft es die US-amerikanische Band, große Gefühle zu vermitteln.

„Hadsel“ ist ungewöhnlich, es regt zum Nachdenken an. Verwirrte Gesichter versuchen die Richtung des Albums zuzuordnen – ohne Erfolg. Es ist wohl eine Mischung aus Indie Rock und Weltmusik, doch auch das wird der Bandbreite der Band nicht ganz gerecht. Es spielt doch auch etwas Indie Folk und Indie Pop mit und so wirklich einordnen muss man Beirut doch auch gar nicht. Es geht vielmehr ums Fühlen.

Norwegen als Inspiration

Ursprünglich handelte es sich bei Beirut um das Solo-Projekt des Musikers Zach Condon, bis dieser sich Unterstützung suchte und eine Band rund um Bassinstrumente bildete. Inzwischen stehen fast ein Dutzend Personen im Studio und auf der Bühne. Ihre letzte Welttournee musste 2019 aufgrund von Gesundheitsproblemen Codons abgesagt werden – kein Wunder, dass dieser dann erst einmal untertauchte. Und leider eine Menge an Problemen im Koffer mitnahm, physisch mit Stimmproblemen und psychisch mit einem Nervenzusammenbruch. Doch „Hadsel“ schafft es, die traurige Einsamkeit, die Codon schon lange prägt, in ein Album zu verwandeln, das nach einer großen, bunten Feier klingt.

Mit der Hilfe von Pompeji Records veröffentlichten Beirut ihr bereits siebtes Album und enttäuschen dabei nicht. Wie von ihnen erwartet, kann man eben nichts erwarten und sich lediglich von der künstlerischen Muße überraschen lassen. Inspiration fand Condon dabei bei seiner Reise nach Norwegen: „I was left agonizing many things past and present while the beauty of the nature, the northern lights and fearsome storms played an awesome show around me. The few hours of light would expose the unfathomable beauty of the mountains and the fjords, and the hours-long twilights would fill me with subdued excitement. I’d like to believe that scenery is somehow present in the music“, erzählt er Rolling Stone.

Erfahren kann man das unter anderem auch an „Arctic Forest“, einem Meisterwerk von Klängen, die einen für einen Moment aus dem Leben reißen und Träume sehen lassen. So muss es sich anfühlen, frei zu sein. Von Trompeten über den Bass bis hin zur Orgel kriegt man hier einen Einblick in Codons Gedankenwelt. Apropos Orgel: In beinahe jedem Song hat sie ihren Auftritt. Codon gibt gegenüber dem Bayerischen Rundfunk zu: „Die Orgel steht für mich für die Feuerstelle in der warmen Hütte, und das Schlagzeug und die Beats geben die verschiedenen Wetterzustände wieder inklusive der Hurricane-artigen Stürme“. Es handele sich um die Kirchenorgel in Hadsel, zu der er freien Zutritt hatte.

Daher stammt auch der Name des Albums: Hadsel. Der kleine Ort (mit gerade einmal 8.000 Einwohner:innen) im Norden Norwegens schaffte Codon Zuflucht und findet sich so in seinem musikalischen Schaffen wieder. Die Songs fühlen sich nach Ruhe und Geborgenheit an und spiegeln gleichzeitig die Weiten und Schönheiten der Natur wider. Dagegen kann Berlin, wo Codon inzwischen wohnt, wohl nicht ganz mithalten. Wer weiß also, wohin es Zach Codon demnächst verschlägt – und welches Album dabei herausspringt. Den passenden Ortsnamen wird es mit Sicherheit wieder tragen.

Sehnsucht und vergangene Zukunftspläne

„So Many Plans“ zeigt jene Sehnsucht ebenfalls auf. „And we had so many plans / Leap from the sill, see where we land / We had so many plans / Safe from the wind, head in the sand“. Pläne, die verworfen wurden, die aus den eigenen Träumen nicht entfliehen konnten. Dank Covid. Melancholisch, vielleicht sogar etwas melodramatisch, dieser Song. Und doch erweckt er die erwünschten Emotionen und erzeugt Resonanz.

Und während Codon zwar in den Staaten geboren wurde, heute nicht mehr in Norwegen haust, so schreit nach seinem Umzug nach Berlin wohl nichts mehr nach einem deutschen Song. Mit „Süddeutsches Ton-Bild-Studio“ muss er sich wohl einen kleinen Scherz erlaubt haben, denn er wiederholt beim Singen: „I can’t be easy now / I can’t believe me now“. Was er damit meint, können wir nur erraten.

Bild: beirutband.com

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Annika Block - Redaktion

Zwischen Alltagsstress und Unidruck so oft es geht auf Indie-Konzerten, in der Sonne mit einem Buch in der Hand oder am Abgehen zu „You Can Call Me Al“ zu finden. Täglich am neue Musik entdecken – und am besten direkt darüber schreiben.

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