Die neue Single „Rosamunde Pilcher“ der Münchner Indie-Popper Raketenumschau ist einfach ein perfektes Komplettpaket. Geile Gitarren, ordentlich Wumms, durchdachter Text und, das Wichtigste, aber auch Riskanteste, eine gelungene Bridge. Dazu noch Sartre, was will man mehr?
Einfach straight, laut und schnörkellos drauf los – so viel ist beim Hören sofort klar:Das ist einer dieser Songs, der auf den Festivals diesen Sommer abgehen wird. Pures Sorglos-drauf-lostanzen-und-mitten-hinein-ins-Leben und dann ist da Rosamunde Pilcher. Diese britische Erfolgsautorin, die mit ihren zart romantischen Soap-Operas nicht nur in Deutschland Millionen von Boomern am Fernsehbildschirm zum Schwärmen bringt. Seit 30 Jahren am Samstagnachmittag eine Erfolgsreihe im ZDF mit viel Emotionen und idyllischen Landschaften in Großbritannien. Ja, genau, diese Rosamunde Pilcher, plötzlich taucht sie in einem Gen-Z-Indie-Rock-Song auf.
„Ich liebe Rosamunde Pilcher
Auch wenn du nur von Sartre sprichst”
So heißt es in den ersten zwei Zeilen dieses Songs. Und ohne diese zu sehr hochjazzen zu wollen, findet sich das Leben der jungen Leute genau darin wieder. Irgendwo zwischen trivial-kitschigen Liebesdramen à la Rosamunde Pilcher eben und aufgeschnappten Gedankenfetzen des philosophischen Kolosses Jean Paul Sartre (die man sowieso nicht versteht, außer nach acht Semestern Philosophie-Studium mal ansatzweise, allerdings klingt es schlau). In Baggyjeans und schwarzen Adidas-Gazelle mit Notizbuch und Club-Mate in der Hand an einem lauen Sommerabend an der Reichenbachbrücke: Das ist der Vibe dieser ersten Single des Debütalbums von Raketenumschau, das diesen Herbst erscheinen wird.
Das Geniale dabei ist die Kombination dieser Zeilen, die so charmant eingängig von Leon Frei gesungen werden, mit einem fantastischen Gitarrenriff. Wo man sich fast fragt, was nun mehr den Ohrwurm erzeugt: das lustvolle Spiel mit diesen generationsübergreifenden Klassikern aus Hochkultur und seichter Unterhaltung oder dieses Riff? Egal, wahrscheinlich einfach beides.
Ein jeder guter Indie-Rock Song ist durch Gitarrenarbeit, die genau im richtigen Moment den Nagel auf den Kopf trifft, voll gelungen. Das war bei The Strokes, Kraftklub oder Royel Otis schon so, und das schafft Quirin Schacherl hier einfach nur perfekt. Der Song startet explosiv, begleitet dann unaufdringlich den Refrain und hält auch nach hinten hinaus in der Bridge die Füße beim Hören am Tanzen. Kurz und knapp, ohne irgendwie auszuschweifen zeigt sich hier die wahre musikalische Klasse dieses Songs. Und es zeigt sich, dass hier vier Musiker zu Gange sind, die über fünf Jahre Bandgeschichte mittlerweile genau wissen, was sie tun.
Sympathisch und authentisch unperfekt, aber doch wie ein perfekter Abend mit den besten Freund:innen in einer urigen Bar mit viel Spaß, Quatsch, Bier, aber vielleicht auch tiefsinnigen Gesprächen, die aus dem Moment heraussprudeln, komplettiert das Musikvideo dieses Paket. Nun können wir als Musikjournalist:innen viel schön schreiben und man glaubt uns trotzdem, also vielleicht. Aber bei diesem Song sagt mir mein Gespür, dass dieser nicht nur diese Festivalsaison überstehen wird, sondern Raketenumschau sich damit auf die Karte des Deutschen Indies katapultiert und etabliert.
Vielleicht wird dieser einmal zu einem zeitlosen Klassiker, ganz so wie Rosamunde Pilcher.
„Ist es die Euphorie?“ – Tour 2024
21.09.24 Freundlich+Kompetent, Hamburg
22.09.24 Huschecke, Greifswald
23.09.24 Badehaus, Berlin
27.09.24 Rocketclub, Landshut (Support)
28.09.24 Stereo Wonderland, Köln
02.10.24 Musikzentrale, Nürnberg
03.10.24 Soho Stage, Augsburg
09.10.24 Strom, München
11.10.24 Rhiz, Wien
12.10.24 Komma, Esslingen
Was denkst du?
Kommentare anzeigen / Kommentar hinterlassen