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Jazz voller Hoffnung

20. Februar 20257 Min. gelesen

Poetisch, zart, einfach schön fließen die Harmonien zwischen der Trompete von Matthias Lindermayr und dem Klavier von Masako Ohta dahin. Das Jazz-Duo brachte letzte Woche beim Münchner Label Squama sein zweite Zusammenarbeit „Nozomi“ heraus. Der Albumtitel bedeutet „Hoffnung“ und die Musik wirkt in diesen hektischen Zeiten wie ein Ruhepool, die Stücke klingen ausgewogen und überzeugen besonders mit ihrer leisen Qualität. Im Gespräch mit Matthias Lindermayr über die Entstehung, das Zusammenspiel und Reisen nach Japan.

Die neun Kompositionen auf „Nozomi“ stammen fast alle aus deiner Hand. Gleichzeitig lebt eure Musik von viel Improvisation und ihr geht sehr frei mit dieser um. Wie seid Ihr an die Aufnahmen herangegangen?

Die Stücke sind zum Teil sehr konkret, aber können auch sehr lose sein. Sie sind mit dem Hintergrundwissen geschrieben, komponiert, wie unsere Konstellation funktioniert. Ich sehe was bei uns im Duo gut funktioniert, was weniger. Wir haben dann das Album in zwei Tagen aufgenommen. Es war uns wichtig, sowohl vorher über die Stücke zu sprechen, als auch bei der Aufnahme die Spontanität, die Improvisation zu behalten. So klingt es da dann auch sehr frisch.

Das Cover zum Album, geschmückt mit einem Kirschbaum in voller Blüte.

Du fandest dabei Inspiration in der Klaviermusik von Avro Pärt, Philip Glass und unter anderem auch der japanische Pianist und Komponist Ryūichi Sakamoto. Auf eurem Album findet sich eine Version seines Stücks „Hibari“. Wie kam die Idee?

Masako hat das Stück mitgebracht, also eine Partitur. Wir haben es dann erstmal danach gespielt und haben uns dann ein bisschen gelöst davon, da es ja eigentlich sehr repititiv ist. In unsere Version brachten wir dann noch ein bisschen Improvisations-Elemente mit hinein.

Dieser Bezug zu Japan tritt auch in den Songtiteln hervor und der Titel „Nozomi“ bedeutet so viel wie Hoffnung. Wie wurde die japanische Kultur für euch hier zur Inspiration?

Wir waren letztes Jahr zusammen auf einer Konzertreise in Japan und viel ist davon inspiriert. Masako kommt natürlich aus Japan und ich hatte davor ehrlich gesagt wenig Berührungspunkte mit dem Land. Ich war dann total überrascht als ich dort war. Die Stücke waren vor der Reise schon aufgenommen und zum Teil sind es einfach Titel, die mir für die Stücke gefallen haben und dann habe ich das japanische Wort dafür herausgesucht. Die Einflüsse kommen aber schon sehr stark von der japanischen Musik und Kultur. Als ich dort war, habe ich das nochmal mehr verstanden. Nun geht es bald wieder hin und wir spielen sechs Konzerte in verschiedenen Städten.

Masako Ohta und Matthias Lindermayr spielen bereits seit ein paar Jahren zusammen und ihr Sound als Duo entwickelt sich immer weiter. ©Lina Mendoza

Gab es einen Moment auf der Reise, der dir besonders prägend in Erinnerung blieb?

Wir waren in Kyoto unterwegs, und zu dieser Jahreszeit war die Stadt überfüllt. Ein Bekannter von Masako führte uns in seiner Nachbarschaft zu einem wunderschönen Tempel. Dorthin hatte sich kein Tourist verirrt. Wir saßen zu dritt an diesem Steingarten und kamen völlig zur Ruhe. Wir sprachen kein Wort, sondern schauten einfach nur den Steingarten an.

Der Vinyl-Version liegt ein Booklet mit Fotografien von Daisuke Tomizawa bei. Wie korrespondieren diese mit der Musik?

Die Idee kam von Max [Schachtner], dem Grafikdesigner von Squama-Records. Er hat Daisuke auf einer Reise nach Japan kennengelernt und hat ihm dann unser Album geschickt. Nach dem Hören ist Daisuke durch seine Nachbarschaft spaziert und hat versucht, zu jedem Stück zwei Fotos zu machen. Diese Szenen fangen die Stimmung der Musik ein.

Diese Bilder entstanden auf das Stück „Ostinato“. Das Titelbild und das Bild am Ende des Artikels gehören zum Stück „Shizuku“. In dieser Fotoserie zum Album fängt der Künstler Daisuke Tomizawa die Stimmung der Musik von Lindermayr und Otha in Bildern ein.

Würdest du gerne in Japan leben?

Ja, kann ich mir schon vorstellen. Klar, doch, mir hat es sehr gut gefallen, das Essen, die Kultur, die Leute da, kann ich mir schon gut vorstellen.

Masako und Du, ihr spielt schon ein paar Jahre zusammen. Euer Debütalbum als Duo, „MMMMH“ bekam beste Kritiken und viel Ansehen in der deutschen Jazz-Szene. Wie würdest du sagen, haben sich euer Spiel und die Kompositionen auf eurem zweiten Album nochmal weiterentwickelt?

Es ist freier geworden, finde ich. Und auch das Zusammenspiel funktioniert besser. Beim ersten Album waren wir noch ziemlich am Anfang. Wir haben echt viel gespielt seitdem. Es ist alles organischer, fließender geworden in unserem Spiel als Duo. Man versteht noch besser, was der Andere spielen will und was nicht.

Eine Zeit lang hast du am Berklee College of Music in Boston bei Tiger Okoshi studiert. Wie hat diese Zeit dein Spiel an der Trompete geprägt?

Ja, Tiger hat mich auf jeden Fall stark beeinflusst. Also es ging sehr viel um den starken Ausdruck, dass man sich dabei auf die Phrasen konzentriert. Das hat mich sehr beeindruckt. Er ist bis ins hohe Alter immer noch so total interessiert, begeistert sich nach wie vor so wahnsinnig für die Musik und forscht, sucht immer noch nach neuen Sounds. Er hat als Mensch eine tolle Präsenz und ist ein sehr inspirierender, motivierender Lehrer gewesen. Er ist schon irgendwie meine Lieblingspersönlichkeit, bei der ich studiert habe in all den Jahren.

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Balthasar Zehetmair - Redaktion

Sucht den Sinn des Lebens in Bob Dylan Songtexten und findet ihn bei den Wildecker Herzbuben. Meistens in Schallplattenläden und immer mit Kopfhörern auf den Ohren zu sehen.

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