Im Herzen der Subkultur bringt Schaufel&Besen-Records neue spannende Acts hervor, schafft Alternativen zum Mainstream und wirbelt die Münchner Musikszene auf.
„Die Weirdos wird es immer geben!“, ruft Dede freudig aus und nippt an ihrer Spezi-Dose. An der Decke kleben die Eierkartons als Absorber, der mobile Heizkörper brummt leise vor sich hin im Proberaum von Schaufel&Besen-Records. Zwischen Verstärkern, Kabeln und Drums sitzen Dede und Charly. In den unscheinbaren Baracken des Bürgerparks Oberföhring sprießt hier, am Rande der Stadt, eine Keimzelle der Subkultur. Ganz im Sinne des Punks lebt hier ein Gegenentwurf zum glatten München. Was ist das eigentlich, „Subkultur”? Was macht das Label aus und wie ist der Stand der Subkultur in München?

Alternativen zum Mainstream und Netzwerke schaffen
„Subkultur, das ist per se nicht nur so eine Idee, im Sinne von ,lass uns mal was anderes machen’, sondern schon auch eine Art Weltanschauung”, sagt Dede. Mit Idealismus und Leidenschaft entstand vor rund drei Jahren die Idee, genau diese Alternative zu schaffen. Abseits des Mainstreams. Vom Proberaum aus entstand ein Netzwerk. „Es geht nicht darum, uns mit den Bands zu rühmen, sondern diese bestmöglich zu unterstützen”, sagt Charly. Mit Kontakten, Know-How und einer Community. Und was mit ein paar befreundeten Bands begann, ist mit den Jahren zu einer ganz eigenen Label-Familie gewachsen, die so unterschiedlich klingt und doch in Idealen und Teamgeist vereint ist.
Kein Bock auf Top-to-Bottom
Am Anfang waren da zerbO und Uschi – die Band von Charly –, die sich den Proberaum im Bürgerpark teilten. Hier Deltablues gepeitscht von kräftiger Gitarre und spitzen Texten zum Zeitgeschehen, da Punk, der mit genauso viel Witz wie Wut Lärm macht für Frauenrechte und Gleichberechtigung. Oder dann ist da der kratzige Garage-Rock von Autodelete, das Projekt, hinter dem Dede sich herumtreibt. Ganz anders, imposant und wuchtig, psychedelisch wie poetisch, klingt der Post-Rock von Digital Carbs. Direkt am Herz der Gen Z schlagen Erleuchtung und Rufo mit ihren Texten im Pop-Punk-Kleid. Mitreißend trashige 80s-Vibes haben dagegen Streuner.
Ein bunter Haufen an Sounds, schräg, witzig und auch mal aneckend, aber vor allem mit viel kreativer Freiheit. „Die Bands sollen das produzieren, was sie geil finden. Wir haben gar kein Bock auf Top-to-Bottom”, sagt Dede. Es herrscht viel Austausch, Rückhalt und gegenseitiges Lernen. Denn bei Schaufel&Besen ist die Subkultur nicht nur laut, sondern vor allem auch familiär.

Gemeinsam schlagen sie sich durch, bekommen da eine Förderung, treten hier im Kafe Kult und dort im Feierwerk auf. Gemeinsam leben sie eine Subkultur, die in München weitaus nicht so präsent ist, wie das etwa in anderen Städten wie Leipzig oder Hamburg der Fall ist. Doch der Zusammenhalt ist groß und gemeinsam ziehen alle an einem Strang. „Viele teilen dasselbe Schicksal. Wir machen das alle nebenbei als Side-Hustle, da sind natürlich nicht immer die vollen Kapazitäten da”, meint Charly. Immer wieder gibt es Kooperationen mit anderen Labels. Mit den Independent-Veteranen von Gutfeeling beim Labelabend im Milla oder auch mit neuen, jungen Labels in der Musikszene wie Kommando 84.
Konzerte und Musik für jeden
Mittlerweile allseits beliebt und etabliert sind Konzertreihen wie die „Sausen” oder auch die kürzlich prämierten „Zombie Sessions”, die Charly mit entwickelt hat. Es sind kleine, intime Gegenpole zu den oftmals sterilen, durchgetakteten Großkonzerten. Hier muss nicht jeder Ton sitzen oder die Setlist perfekt geplant sein. Es ist manchmal laut, dreckig, manchmal entstehen unvergessliche Momente aus der reinen Situation heraus.
„Für jeden Menschen in der Stadt muss es Musik geben, wo er oder sie sich zu Hause fühlt”

Dabei sind es die kleinen Orte, an denen die Subkultur zum Leben erweckt. Doch die könnten ruhig mehr sein und dafür ein paar große Konzertvenues mit teuren Mieten weniger, wenn es nach Dede und Charly ginge. In Zeiten, wo das Kulturreferat mit ordentlich Kürzungen um sich peitscht, wächst die unabhängige Szene noch mehr zusammen. Die Preise für Veranstaltungen werden steigen und die ein oder andere Förderung wird wegfallen. Doch man hält sich hartnäckig und die Generationen tragen den Idealismus weiter. Besonders die vielen Entwicklungen in der Techno-Szene gefallen Dede: „Da ist diese Punk-Attitüde auf jeden Fall auch vertreten!”
Vielfalt wahren
Immer wieder wachsen Bands auch bei Schaufel&Besen über den Kosmos der Subkultur hinaus, doch der Geist und die Wurzeln bleiben gleich. Besonders in Zeiten des Rechtsrucks und einer Verschlankung der Vielfalt und Meinungen sei es wichtig weiterhin laut zu sein, meint Dede: „Das spornt unseren Idealismus nochmal mehr an!”
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