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Sex, Drugs And Pollution

16. November 20237 Min. gelesen

Rockstars sind bekannt für ihre Fehltritte auf und neben der Bühne. Was aber, wenn sogar die Ökosphäre unter ihrem rücksichtslosen Lifestyle leidet?

Überlegungen von Moritz Remuta

Unter dem breiten Mantel der „Rockstar-Allüren“ stellt sich jede Person etwas anderes vor. Aber normalerweise denkt man dabei (im besten Fall) an eher harmlose Fehltritte junger, neureicher Männer – gerne auch in fleißiger Zusammenarbeit mit dem Konsum verschiedenster Rauschgifte. Man denkt an Ozzy Osbourne, der am Hotelpool Ameisen schnupft, oder Carlos Santana, der bei seinem Woodstock-Auftritt dank eines schlecht getimten LSD-Trips eine bunte Schlange an Stelle seiner Gitarre bespielt.

Der Inbegriff dieser Interpretation war aber The-WhoDrummer Keith Moon. Da ist die eine Show, bei der er inmitten des Sets langsam einschlief, von seinen Kollegen mit einer kalten Dusche geweckt wurde und am Ende weggeschleppt und von einem Fan ersetzt werden musste. Oder die Tour in den 60ern, bei der fast seine ganze Gage für den Ersatz der von ihm zerstörten Hotelmöbel draufging. Wo er auf dem halben Weg zum Flughafen den Chauffeur bat, umzudrehen, weil er etwas im Hotel vergessen hätte, nur um dann vor den Augen der genervt wartenden Band einen Fernseher aus dem Fenster ihres Zimmers zu schmeißen. Und natürlich sein „21er“ Geburtstag, bei dem er aus Versehen ein Auto, Bauart Lincoln Continental, im Pool eines Holiday Inn versenkte.

Neue Wege 

Es war die Kultur vergangener Jahre. Diese Kultur des ungehinderten, ja angefeuerten Exzesses, des Grundsatzes „boys will be boys“ für spätpubertäre Megastars, oder des Begriffs „Exzentrik“ wenn man eigentlich „mehrfach falsch abgebogen“ meint. Heutzutage erscheint die Musikindustrie polierter. Unklar ist, ob dem Ganzen ein Riegel vorgeschoben wurde, oder die unergründlichen Wege des sich monopolierenden Entertainment-Marktes „Sex ´N Drugs“ schlicht wegrationalisiert haben. In einer Welt, in der man nicht mehr nur von der Musik selbst, also dem Spotify-Stream-Revenue, überleben kann, muss man ein Image kultivieren, das am besten familien- und somit werbefreundlich ist.

Social Media, der große Überwacher, produziert natürlich noch Skandale, für die, die genau hinschauen. Leider bedeutet „genau hinschauen“ immer öfter „verrücktes Spekulieren ohne jede Faktengrundlage“. Wusstet ihr, dass Lil Nas X für die Mächte der Hölle kleine Kinder zum Queersein überredet? Oder dass Taylor Swift sich vor jedem Auftritt zukokst, weil auf dem einen Bild hier um ihre Nase etwas ist was aussehen könnte wie weißes Pulver? Auf frischer Tat ertappt.

Da sich die Welt aber auch blöderweise an anderen Stellen als in der Musikindustrie merklich verändert hat, gibt es mittlerweile andere Exzesse, über die man sich bei den führenden Stream-Verkäufer:innen aufregen kann. Auch hier lohnt genau hinschauen. So wurde letztes Jahr durch umfassende Recherche ebenjene mutmaßlich kokainabhängige T. Swift überführt… nicht der Kokainsucht, das bleibt Hörensagen, sondern der Umweltsünde. Genau, Swift war unter den bekanntesten Promis diejenige, die im ersten Halbjahr 2022 am meisten Flugstunden in ihrem Privatjet verbuchte. Und somit allein durch ihren Individualverkehr mehr CO2 ausstieß als ein deutsches Durchschnittsdorf durch Personenverkehr im selben Zeitraum. Dabei fahren die Deutschen doch total fleißig und übermäßig viel Auto!

Alte Sünden

Wenn man jetzt jedoch glaubt, dass Umweltverschmutzung durch Musiker:innen ausschließlich ein „young people‘s game“ ist, tut man einigen alteingesessenen Musikikonen schon unrecht. Zugegebenermaßen war die Verurteilung von Privatjets in den „good ole days“ wohl noch nicht so populär, und das Verkehrsmittel eher wegen seiner wiederkehrenden Abstürze (inklusive Musiker:innen) verpönt. Aber es gibt auch bekannte Fälle, in denen Rockstars über die Stränge des ökologisch erlaubten schlugen.

Gerne erinnert wird an den „Dave Matthews Band Chicago River Incident“. Der buchstäblich von der Zunge rollende Name war Programm, als ein Angestellter der Dave Matthews Band – bekannt für besorgniserregend sexuelle Songs wie „Crash Into Me“ – ca. 360 Kilogramm menschlicher Exkremente aus dem Fäkaltank des DMB-Tourbusses unauffällig im Chicago River entsorgen wollte. Fast wäre er damit auch durchgekommen, und die einzigen Leidtragenden wären die armen Fische des Flusses gewesen, die schon zu jedem St. Patrick Day die komplette Grün-Färbung ihres Heimatgewässers stumm ertragen müssen. Nur leider schafften es Großteile der Scheiße gar nicht erst, das Biotop Chicago River zu vergiften. Es traf die eigentlichen Feinde eines positiven Stadtklimas, Touristen. Ein Tourboot fuhr nämlich gerade in dem Moment, als der Fahrer der Band deren nicht-musikalische Ergüsse durch die Gitter einer Brücke abpumpte, unter derselben hindurch. BLÖD gelaufen.

Noch drastischer und unmittelbarer massiv in  ein Ökosystem einzugreifen schaffte es der Man in Black, Johnny Cash himself. Was als harmloser Ausflug in die Natur, mit dem Ziel des friedlichen Fischens mit seinem Neffen, begann, artete für Cash bei seinem Aufenthalt im kalifornischen Los Padres National Park verheerend aus. Der missglückte Versuch, ein Lagerfeuer zu entzünden, hatte einen zerstörerischen Waldbrand zur Folge. An sich vielleicht noch harmlos genug, um mit einem schwarzen Auge davon zu kommen. Wenn da nicht die ansässige Kondorpopulation gewesen wäre, von deren 53 stattlichen Vögeln 49 Cashs Zündeleien zum Opfer fielen. Er selbst nahm’s gelassen: „I don’t care about your damn yellow buzzards.” Ach ja, es waren hier tatsächlich Drogen mit im Spiel. Also ist das möglicherweise doch eine klassische Rockstar-Allüre…

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