Wie in der Schweiz gibt es keine Rockmusik? Stimmt das? Der Fotograf und Musiker Mike Masoni sinniert in der Bar des Kempinski bei Drinks über Geschichten aus Montreux, Loredana und seine große Liebe – Tina Turner.
Ein Gastbeitrag von Mike Masoni
Oh Mann… es ist eine Weile her, ich weiß nicht mehr genau wann und wo. War es in Berlin, in der Viktoria Bar? Nein, die ist ja mit viel Smoke abgebrannt. War es im superengen Kingsize, wo der dicke Frank Türsteher war? Wo Dieter Meier, der geniale Kopf hinter Yello, sich an mir vorbeizwängte und „Gruezi“ sagte? Eher nicht, denn das Kingsize gibt es auch nicht mehr. Aah ja… jetzt erinnere ich mich genau. Es war in der Schweiz, Gruezi Gruezi! In der Bar des Kempinski Palace in Engelberg.
Gerade hatte ich noch einen saftigen, fetten Burger im Bellevue Terminus vertilgt und die tropfende, fermentierte Knoblauch Mayonnaise Sauce hinterliess einen intensiven Geruch auf meinem T-Shirt. Den versuchte ich jetzt, mit einem harten Yellow Rose Bourbon, zumindest gaumenmäßig, zu neutralisieren. Nun, ich saß also in der tiefsten Schweiz in einer Bar, hörte einer lokalen Rock’n’Roll Band zu, die Chuck Berry, Little Richard und die üblichen Verdächtigen spielte, als jemand sagte, dass es in der Schweiz keine Rockmusik gäbe. Hmmh… dachte ich, stimmt das? Kann das stimmen? Ist das überhaupt möglich?
Weiss Tina Turner das?
Meine Lieblingsfrau, die lebt doch seit Jahrzehnten in Zürich. Und jetzt direkt am Strand des Zürich Sees, denn da ist sie vor einem Jahr hingezogen. Ok, Tina, Tina, Tina… du bist auch heute noch meine „private Dancerin“! Vor kurzem ist sie leider, leider nach langer Krankheit von uns gegangen. Aber da war doch noch was. Es wummert in meinem Hinterkopf.
„We all came out to Montreux…“
Es ist lange her, wieder ein Strand, wieder ein See, wieder die Schweiz. Doch diesmal in Montreux und es lag dichter, beißender Rauch über den Ufern des Genfer Sees. Die Rolling Stones, Deep Purple und Frank Zappa waren da. Alle machten sie sich gegenseitig die Tonstudios und Luxushotels streitig. Und dann, beim Zappa Konzert, schoss irgendein Trottel, „some stupid…“ mit einer Leuchtpistole in die Deko, die sofort Feuer fing. Das ganze große Haus brannte bis auf die Grundmauern nieder. Glücklicherweise gab es keinen Personenschaden, aber Equipment und vieles mehr, war verloren.
Den Trottel verhaftete man später und schob ihn in seine osteuropäische Heimat ab. Die Schweiz ist und war ein beliebter Ort, um Musikaufnahmen zu machen. Weit weg von den stressigen Weltmetropolen und wahrscheinlich gibt es on top ne Menge Vorteile bei den Steuerlasten. Jedenfalls ist Montreux, mit dem Jazzfestival, heute vielleicht sogar die Rockhauptstadt der Schweiz.
„Smoke on the Water“ machte Montreux weltbekannt
Den einfachen, aber genialen Riff, vergleicht Deep Purple Guitarist Ritchie Blackmore, sicher nicht zu unrecht, mit Beethovens 5. Symphonie. Da da da daaah. Seinen kongenialen Bandkollegen war das anfangs zu simpel. Aber, der Riff verkörpert perfekt die Bedrohlichkeit des Großfeuers, als das Casino (Gambling House) von den gewaltigen Flammen zerstört wurde. Den gefeierten, unsterblichen Rockstars jedenfalls, ging plötzlich total krass die Düse. Sie waren mittendrin im Feuer, hatten mächtige Angst um ihr Leben und bekamen sogar Alpträume. Aus diesem Feeling entstand dann der Superhit. Die Stadt Montreux dankte es ihnen mit einer Skulptur, die auf der Promenade am Genfer See aufgestellt wurde. Gleich neben der Statue von Freddy Mercury, dem Frontman von Queen.
Damals waren sie alle da. Deep Purple, Frank Zappa’s Mothers of Invention…die ihr Equipment im Feuer verloren, und auch die Rolling Stones. Die Stones hatten ein mobiles Aufnahme Studio in einem Truck. Übrigens spielte Black Sabbath „Smoke on the Water“ bei den Gigs. Einer der wenigen Cover Songs, den Ozzy Osborne in sein Repertoire aufnahm. Das ist alles lange her und leider singt Ozzy nicht mehr, obwohl…
Und was ist mit der Gegenwart?
Yup, da ist doch auch was und zwar einiges. Es gibt neben der strangen Stefanie Heinzmann, die gefährliche Loredana. Eine Schweizer Rapperin aus Luzern, mit albanischen Wurzeln, jetzt in Berlin. (Ich wusste es, irgendwas war mit Berlin…!!) Loredana schaffte es, innerhalb einer Woche, 23 Millionen Klicks auf ihrem Youtube Kanal zu versammeln. Da war nicht nur ich baff. Ja, sie macht wahnsinnig geile Videos und die Kids lieben es. Sie vereint verführerischen Sex mit harter Danger. „Ich brech dir dein Genick.“ Das ist Luxus und verruchte Erotik mit Stil. Tun wir nicht alle davon träumen? Alpträume?? Also, so läuft es heute ziemlich gut in der Schweiz und im fernen Berlin.
Rock und Rap 4 ever!
Euer Ehren, keine weiteren Fragen. Jetzt sitze ich noch immer in der Kempinski Bar in Engelberg und geniesse die Songs der lokalen Rock’n’Roll Band. Ich hatte mir noch einen texanischen Yellow Rose Bourbon bestellt. Der steigt gerade schön in den Kopf. Da fällt mir ein… Hey, Mister Bartender, bitte… etwas Soda Wasser ins Glas spritzen, damit es nicht so brennt. Danke! Jetzt ist alles cool. Denn… brennenden Smoke wollen wir nicht, höchstens rauchiges Bouquet im Abgang.
Da da da daaah.
Titelbild: ©Mike Masoni
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